Praxis für Kinder- und
Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
Bahnhofstr. 15 (Salinplatz)
83022 Rosenheim
Dr. med. Harry Scheele
Email: kontakt@kjpscheele.de
Bahnhofstr. 15 (Salinplatz)
83022 Rosenheim
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Lese-Rechtschreib-Probleme und Rechenprobleme gehören zu den Teilleistungsstörungen. Dies bedeutet, dass sie als isolierte Beeinträchtigung auch bei ansonst gut entwickelten und begabten Kindern auftreten können.
Die Lese-Rechtschreib-Störung ist eine angeborene Erkrankung, von der etwa 5 von 100 Menschen betroffen sind. Man geht davon aus, dass spezifische Bereiche des Gehirns, die für die Verarbeitung und Speicherung der entsprechenden Informationen zuständig sind, beeinträchtigt sind.
Letztlich können sich diese Menschen einfach nicht merken, wie Wörter ausschauen (Wortbildgedächtnis).
Die Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Störung fallen meist in der Schule durch schlechte Leistungen in dem betroffenen Bereich auf. Zur Diagnosestellung müssen einige Tests gemacht werden: Mindestens Intelligenztest und Lese- und Rechtschreibtests.
Die Tests sind standardisiert und werden deutschlandweit in Kinder- und Jugendpsychiatrischen Praxen, bei Schulpsychologen und Beratungsstellen eingesetzt. Damit von einer Lese-Rechtschreib-Störung gesprochen werden kann, muss die Leistung in diesem Bereich deutlich schlechter sein als die im Intelligenztest gemessene Grundbegabung. Die schulische Leistung sollte im Teilleistungsbereich schlechter als Note 4 sein.
Die Untersuchung auf eine Rechtschreib-Störung ist frühestens ab Ende der 2. Klasse sinnvoll. Erst dann ist der Prozess des Rechtschreiben-Lernens weitgehend abgeschlossen.
Die Lesestörung kann auch schon Ende der ersten Klasse getestet werden, weil beim Lesen eine schnellere Entwicklung erwartet wird.
Für die Rechenstörung (Fachbegriff: Dyskalkulie) gilt im Grunde genommen das gleiche wie für die Lese-Rechtschreib-Störung. Es handelt sich um eine angeborene Erkrankung, die allerdings weit weniger wissenschaftlich untersucht ist. Die Diagnosestellung erfolgt wie bei der Lese-Rechtschreib-Störung, aber mit spezifischen Rechentests.
Komplexe mathematische Funktionen in höheren Klassen nicht zu verstehen, ist kein Zeichen einer Rechenstörung! Eine Rechenstörung zeigt sich in den ersten Klassen der Grundschule bei einfachsten Plus- und Minusaufgaben, und beim Zehner- oder Zwanzigerübergang. Noten besser als „Mangelhaft“ in den Grundschuljahren schließen eine Rechenstörung meist aus.
Sollte der Kinderpsychiater bei einem Kind eine Lese-Rechtschreib-Störung feststellen, kann er dies bescheinigen. Das Attest können die Eltern dann der Schulleitung vorlegen. Diese entscheidet über Nachteilsausgleich oder Notenschutz.
Beim Rechtschreiben wird üblicherweise die Rechtschreibleistung nicht mehr benotet. Beim Lesen wird üblicherweise ein Zeitzuschlag gewährt. Der Zeitzuschlag kann für Kinder, die ansonst bei schriftlichen Proben mit Textaufgaben in Zeitnot geraten (auch in Mathe), sehr hilfreich sein. Wie lange das Attest gilt, entscheiden die Schulen.
Für die Rechenstörung ist im Gesetz kein Nachteilsausgleich vorgesehen. Es ist nur möglich, eine Bescheinigung für die Schule auszustellen, dass eine Rechenstörung vorliegt und das Kind eine Zusatzförderung erhalten sollte, oder wenigstens Hilfsmittel verwenden darf. Die Lehrer sind dazu aber nicht verpflichtet.
Die Behandlung von Teilleistungsstörungen wird von den Krankenkassen nicht bezahlt. Es gibt unterschiedlich ausgebildete Therapeuten für alle Teilleistungsstörungen. Eine Therapeutenliste bekommen Sie beim zuständigen Jugendamt. Allerdings verbessert eine Therapie die Leistung beim Lesen und Rechtschreiben nur sehr wenig, wie Studien der LMU München gezeigt haben. Dies entspricht auch meiner Erfahrung. Ich kann deswegen nicht wirklich zu einer Therapie raten. Bei der Dyskalkulie ist die Studienlage noch unklar.
Beim eigenen Üben mit den Kindern müssen sich die Eltern über folgendes im Klaren sein: Die Lese-Rechtschreib-Störung ist eine Erkrankung, bei der ein für das bildhafte Speichern von Wörtern zuständiger Teil des Gehirns nicht richtig funktioniert. Dies lässt sich auch mit viel Übung eigentlich nicht verbessern. Leider macht hier Übung nicht den Meister!
Immerhin bessert sich die Lesestörung auch ohne Maßnahmen bis zum Erwachsenenalter meist fast vollständig. Die Rechtschreibstörung ist hingegen sehr hartnäckig und macht den Betroffenen auch noch im Erwachsenenalter zu schaffen.