Praxis für Kinder- und
Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
Bahnhofstr. 15 (Salinplatz)
83022 Rosenheim
Dr. med. Harry Scheele
Email: kontakt@kjpscheele.de
Bahnhofstr. 15 (Salinplatz)
83022 Rosenheim
Email: kontakt@kjpscheele.de
Aufmerksamkeits
Defizit
Hyperaktivitäts
Störung
Die Bezeichnung beschreibt schon im wesentlichen die Merkmale der Erkrankung. Hauptmerkmal ist ein Aufmerksamkeitsdefizit. Dies bedeutet, dass die Aufmerksamkeit nicht über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten werden kann. Die Kinder (oder auch Erwachsene) nehmen sich vor, eine Aufgabe konzentriert zu erledigen. Sie schweifen aber dann leicht mit ihren Gedanken ab und lassen sich durch störende Reize ablenken. Es fällt ihnen deswegen schwer, ihre Aufgabe zügig und in einem Stück zu erledigen. Die gestörte Aufmerksamkeit zeigt sich häufig nicht bei Tätigkeiten, an denen das Kind selber ein großes Interesse hat. Manche Kinder können, obwohl sie eine Aufmerksamkeitsstörung haben, sehr lange Playstation oder Lego spielen. Bei den Hausaufgaben fällt es ihnen dann aber doch wieder schwer, sich zu konzentrieren.
Ein nicht immer vorhandenes Merkmal der Erkrankung ist die „Hyperaktivität“. Damit meint man eine körperliche Unruhe, die das normale Maß überschreitet. Manche Kinder mit einer Hyperaktivität können kaum eine Minute still auf ihrem Stuhl sitzen, weder beim Essen, noch bei den Hausaufgaben oder in der Schule. Wie alle Merkmale der ADHS kann aber auch dieses unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Bei manchen Kindern fällt nur auf, dass sie andauernd etwas in den Händen haben müssen und damit spielen. Dies wäre eine nur leichte Ausprägung der Hyperaktivität bzw. motorischen Unruhe.
Je nachdem, ob eine Hyperaktivität vorliegt oder nicht, unterscheidet man zwei Formen der Aufmerksamkeitsstörung. Kinder, die eine Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität haben, fallen durch ihre körperliche Unruhe häufig stark auf. Kinder, die eine Aufmerksamkeitsstörung ohne Hyperaktivität haben, wirken meist verträumt und geistesabwesend. Von dieser Form der Aufmerksamkeitsstörung sind überwiegend Mädchen betroffen. Sie wird leicht übersehen, da die Kinder nicht als störend empfunden werden.
Ein weiteres Merkmal, das vorhanden sein kann, ist die „Impulsivität“. Impulsive Kinder sind häufig ungeduldig und unbeherrscht. In der Schule warten sie nicht, bis sie aufgerufen werden, sondern schreien die Antwort auf eine Frage einfach heraus. Sie mischen sich in Gespräche oder Spiele anderer ein und können selten warten, bis sie an der Reihe sind. Damit verbunden finden sich immer wieder überschießende emotionale Reaktionen, wie übergroße Freude oder schnelles Gekränktsein.
Bei der Aufmerksamkeitsstörung handelt es sich um eine angeborene Erkrankung. Ungefähr 6% der Menschen sind davon betroffen. Häufig ist sie vererbt. Dies bedeutet, dass sich in vielen Familien ein Erwachsener findet, bei dem sich bei näherer Betrachtung ebenfalls eine Aufmerksamkeitsstörung findet.
Es gibt keine Untersuchung, mit der man eine Aufmerksamkeitsstörung „beweisen“ kann. Die Diagnose setzt sich deswegen aus mehreren Bausteinen zusammen. Als erstes und wichtigstes müssen andere Ursachen für Aufmerksamkeitsprobleme ausgeschlossen werden, beispielsweise emotionale Belastungen.
Als nächstes muss beurteilt werden, wie ausgeprägt die Symptome sind. Dazu ist die Verhaltensbeobachtung in Leistungs- und Spielsituationen in der Praxis wichtig, aber auch die Einschätzung und Berichte der Eltern, der Schule, möglicherweise von Ergotherapeuten oder anderen Behandlern. Sie werden deswegen meist Fragebögen für die Eltern und die Schule mit nach Hause bekommen. Insgesamt entsteht dann ein Eindruck, ob die Krankheitsmerkmale so ausgeprägt sind, dass von einer Aufmerksamkeitsstörung gesprochen werden kann.
Nach 30 Jahren Berufserfahrung kann ich sagen, dass die medikamentöse Behandlung, meist mit Methylphenidat, erstaunlich gut wirkt, und dabei sehr gut verträglich ist. Auch ist keine Wesensveränderung des Kindes zu befürchten, wenn die Medikamente nicht überdosiert werden. Leider waren die Behandler früher mit der Dosierung häufig unvorsichtig. Dies hat zu beängstigenden Erfahrungsberichten im Internet geführt.
Ob sie eine medikamentöse Behandlung versuchen wollen, ist immer die Entscheidung der Sorgeberechtigten. Die Aufgabe des Arztes ist nur die Beratung, und sorgfältige Planung der Behandlung. Ich fange immer mit einer eher zu niedrigen Dosis an, die dann gesteigert wird, bis eine ausreichende Wirkung vorhanden ist.
Außerdem müssen die Eltern wissen, dass fast alle Medikamente für ADS/ADHS immer nur ein paar Stunden wirken, und in der Nacht fast vollständig abgebaut werden. Der Körper fängt also jeden Morgen bei Null an. Deswegen kann man die Medikamente auch von einem Tag auf den anderen absetzen, oder auch jedes Wochenende und in den Ferien weglassen.
Alle anderen Behandlungen, wie Ergotherapie, Neurofeedback oder Verhaltenstherapie sind meist nicht erfolgreich, insbesondere bei starkem ADS/ADHS. Bei schwächeren Formen können sie durchaus in Betracht gezogen und auch von mir verschrieben werden.